Wohlfühlen
Diejenigen, die bisher eifrig mitgelesen haben, wissen ja bereits, dass wir am Anfang unserer Grundstückssuche ziemlich naiv waren. Im Prinzip sind wir in alle Häuser im Fertighauspark gerannt, so als ob wir da ein Auto oder einen Fernseher kaufen wollen. Dabei ging es hier um die mit Abstand größte Investition in unserem Leben.
Die Kriterien für unser favorisierten Bauunternehmen waren damals wohl:
- schöne Grundrisse
- gutes Firmenimage
- netter Verkäufer/Handelsvertreter
Nach diesen höchst subjektiven Punkten hätten wir damals wohl 2-3 Baufirmen mit der Planung beauftragt. Glücklicherweise hatten wir ja noch kein Grundstück. Kaum zu glauben, dass wir damals so getickt haben. Als Normalo ohne Ahnung von irgendwas ist das aber genau die Herangehensweise, Dinge zu kaufen: Schau dich erstmal um und dann vergleiche deine Favoriten. Wie hätten wir es denn sonst machen sollen? Dazu später mehr.
Zunächst versuche ich aufzudröseln, wieso wir so vorgehen wollten. Sicher, weil uns die Alternativen, um zum Haus zu kommen, nicht bewusst waren. Aber wieso ausgerechnet die Handvoll Firmen nach den drei oben genannten Kriterien?
Uns hat das Hausbauprojekt zu Beginn komplett überwältigt. Wir haben beide beruflich null Anknüpfungspunkte an die Baubranche und haben auch im näheren Umfeld keinen Neubau mitbekommen. Wir waren also überfordert und entsprechend verunsichert. Wieso dann nicht zu einem Experten gehen, der uns das Chaos ein wenig lichtet? Verantwortung abgegeben und die Profis einfach machen lassen. Die werden schon wissen, was das Beste ist. Das Problem war uns aber auch schon damals latent bewusst: Klar wissen die Profis, was das Beste ist, aber ihr Bestes ist leider nicht unser Bestes. Den Gedanken haben wir beide (vor allem ich) aber schön weit nach hinten geschoben. Wieso auch nicht? Es war der bequemste Ansatz.
Also für mich war es damals eine tiefe Verunsicherung ob der Komplexität des Projekts, gepaart mit dem Wunsch, an die Hand genommen zu werden. Das sind natürlich komplett emotionale Aspekte, und hier hat der Verkäufer nun seinen Hebel, den er genüsslich ansetzen kann. Ganz ehrlich: Ich glaube, so geht es den meisten sowie uns.
Normalerweise sind wir gar nicht so die Bauchtypen bei Kaufentscheidungen. Daher habe ich mir natürlich damals auch fleißig Bauleistungsbeschreibungen besorgt und irgendwelche U-Werte in Excel-Tabellen verglichen. Da die Basis – der Grundriss und die gewünschte Ausstattung – nicht feststand, war das natürlich ein hoffnungsloses Unterfangen, zumal die meisten Sachen in der Bauleistungsbeschreibung eben nicht so einfach vergleichbar sind. Zumindest konnte ich so den kleinen Buchhalter in mir ruhigstellen.
Ein neuer Plan
Ende 2020 rum muss es gewesen sein, da habe ich ein paar YouTube-Videos zu Fertighäusern entdeckt. Zunächst den Kanal „Hausbau Helden„. Ganz schicke Videos. Die Moderatorin ist Architektin, freut sich über jedes Sitzfenster, und die oberste Priorität ist immer ein Fenster im Gäste-WC zum Lüften (ist auch sinnvoll). Leider haben sich die Tipps dann doch eher auf dem Niveau: „Vielleicht ist es keine so gute Idee, im Bad nur eine Glastür einzubauen“ abgespielt. Der Informationsgehalt war also eher mau. Es sind also im Kern ganz hübsche Werbefilmchen gewesen. Mittlerweile gibt es zum Kanal auch ein Magazin, dass im Fertighauspark artig ausliegt.
Aber es gibt ja auch noch andere Kanäle, richtig? Ganz klar: Jein. Es gab auf YouTube Informationen, aber die waren schwer zu bekommen. Ich habe mich zu der Zeit im Hausbau-Forum umgesehen und wurde da auch auf die Beiträge des Benutzers „11ant“ aufmerksam. Der Foren-Guru, dessen Meinung allseits sehr geschätzt war und der zweifelsohne aktiv in der Branche tätig ist. Leider war mir seine Ausdrucksweise als Grünschnabel zu – nun ja – kryptisch. Was zur Hölle ist die „Teigruhphase“? Bin ich in einer Kochsendung oder was? Mittlerweile weiß ich natürlich genau, was der werte Herr 11ant meint, aber damals war es für mich ein Buch mit sieben Siegeln. In diese Richtung ging es vorerst nicht weiter.
Glücklicherweise bin ich bei YouTube dran geblieben und habe immer mal wieder nach anderen Kanälen geschaut. Viel Informatives gab es damals noch nicht (heute ist es wesentlich besser). Irgendwann bin ich dann aber über dieses Video gestoßen: Bestes Fertighaus / Bester Fertighausanbieter / Bester Wandaufbau – für euern Hausbau. 40 Minuten Filmchen schauen und dann weiß ich, an welche Firma ich die Verantwortung ruhigen Gewissens abtreten kann. Wieso geht das Video eigentlich so lang?
Das Video der Fertighausexperten war dann aber gar nicht so, wie ich es erwartet hatte. Da wurden ja gar keine Hersteller genannt, sondern es wurde immer wieder gesagt: „Kommt drauf an.“ Wie „Kommt drauf an“? Ich dachte, es gibt Rankings? Ich hätte gern Platz 1 in Qualität, Wandaufbau und Preis! So schwer kann das doch nicht sein mit der Bestellung?
Was da anstatt gesagt wurde, war für mich revolutionär. Unsere Vorgehensweise, ein Haus zu kaufen, ist Unsinn. Mach erst eine unabhängige Vorplanung mit einem Architekten und hole dir dann vergleichbare Angebote von den Hausherstellern. Setze deine Unterschrift nicht so früh, sondern so spät wie möglich unter den Vertrag. Aber was ist mit dem superduper Jubiläumsangebot, das nur noch diese Woche gültig ist?
Zugegeben, diese Veränderung der Herangehensweise im Prozess war für uns erst einmal schwer zu fassen. Zu der Zeit hatten wir ja auch kein Grundstück, was für eine Entwurfsplanung mit dem Architekten zwingend nötig gewesen wäre. Von daher waren die Worte der Experten ein riesiger Dämpfer, bedeuteten sie doch für uns: Es passiert erst einmal gar nichts, bevor ihr nicht ein Grundstück habt. Zweifelsohne haben die Experten bei uns aber auch einen Nerv getroffen. Uns war klar, dass wir externen Sachverstand im Prozess brauchen und uns als Laien nicht auf Gedeih und Verderb einer Firma ausliefern können. Der Angebotsvergleich auf gleicher Basis machte schon Sinn. Äpfel und Birnen lassen sich nun einmal schwer vergleichen.
Die Monate strichen ins Land, und wir haben den YouTube-Kanal rauf und runter geschaut. Parallel habe ich immer wieder im Hausbau-Forum gelesen. Der Dschungel lichtete sich, und wir hatten von Tag zu Tag mehr das Gefühl, zu wissen, was wir wollen und wie wir bei unserem Hausbau vorgehen werden. Dafür werde ich dem Kanal ewig dankbar sein. Also an dieser Stelle nochmal: Danke, Florian! Danke, Tobias!
Mit der Entwurfsplanung haben wir im Mai 2024 gestartet. Bis dahin hat uns unsere im Dezember 2022 geborene Tochter ganz gut auf Trab gehalten. Wir haben trotzdem nebenher auch viele Grundriss-Shows auf dem Kanal geschaut, um zu wissen, was wir denn nun wollen. Tatsächlich haben uns dort die Grundrisse und die Art einer Architektin besonders zugesagt: Amelie Forster. Vielleicht wäre das ja was?
„Foren-Guru“ *leicht_erröt“ … ich danke jedenfalls herzlich für die nette lobende Erwähnung. Nun, da Du weißt, was die Teigruhe bedeutet, hättest Du es auch teilen können – darf ich das nachholen? … also:
es handelt sich um eine sehr bedeutende Pause im Planungsprozeß jedes Eigenheimes, die optimalerweise etwa sechs Wochen dauert. Sie dient hauptsächlich der Abschiednahme von denjenigen Planungsideen, die als dritt- und zweitbeste der Auslese zum Opfer fallen müssen, da sie sich sonst im weiteren Planungsverlauf als untote Spukgespenster betätigen. Da ich lieber treffenden Bezeichnungen aus anderen Fachgebieten die Ehre erweise als mir unnötigerweise „neue“ Wörter auszudenken, verwende ich hierfür einen Fachbegriff aus der Ausbildung im Bäckerhandwerk. Dort bedeutet es, daß für die Qualität eines Teiges für mehrere Stunden darauf verzichtet werden muß, unablässig weiter darin herumzukneten.
Falls noch jemand eine Frage hat und im besagten Forum noch nicht „berechtigt“ ist, mir dort eine PN zu schreiben: ich heiße auch bei gmx (de) und bei bauen-jetzt genauso wie im Forum.
„Grünschnabel“ – wie schön, daß noch jemand das deutsche Wort für „Rookie“ kennt!
Hallo 11ant :-),
ich erinnere mich noch dunkel daran, wie ich dir damals im Frühjahr 2021 eine E-Mail mit der Bitte um die „Barthel-Tipps“ geschrieben habe. Glücklicherweise hat es dann doch mit dem Grundstück geklappt.
Ich muss sagen, dass ich deine Schreibweise immer noch etwas schwierig finde, aber so langsam komme ich rein. Bauen-Jetzt ist wirklich eine interessante Seite. 😀
Ich versuche jedenfalls, meinen Entwurf auch im Hausbau-Forum unterzubringen und das dort Geschriebene quasi als „Therapie“ hier im Blog zu verarbeiten. *Hihi* Jedenfalls überlege ich gerade noch, wie ich das mache, da die Moderation ja bei Hinweisen auf Fremdseiten ziemlich feindselig reagiert.
Du hast ja nun schon ein paar Beiträge mehr auf dem Buckel, daher meine Frage: Kennst du die Moderatoren, und kann man da etwas machen? Es muss ja nicht zwangsläufig ein Link sein.
Zur Sicherheit schicke ich dir die Nachricht übrigens auch nochmal per E-Mail. 😉
[…] planen. Sicher war das in den 90ern ein gangbarer Weg. Mittlerweile würde ich jedem davon abraten (siehe „The Plän“). Zu dem Zeitpunkt, da ich diese Zeilen schreibe, sind wir gerade mit fertigem Entwurf im […]