Stagnation in Bullerbü

Gehen wir noch einmal kurz zurück ins Jahr 2019. Bauen war günstig, Grundstücke unmöglich zu bekommen. Es waren goldene Zeiten für die Branche. Das Koks war billig, aber dafür war der Champagner teuer. Die Auftragsbücher waren voll, und man konnte von Glück reden, wenn sich einer der großen Haushersteller dazu herabließ, ein Haus innerhalb von zwei Jahren fertigzustellen. Die KfW hat das Geld verschenkt, als wäre es Zuckerwatte. Seitdem haben wir mit dem Sparen angefangen. Unsere Sparrate war wirklich hoch, konnte aber trotzdem nur gerade so mit der jährlichen Teuerung im Baugewerbe mithalten.

Bis 2022 haben wir uns artig nach Neubaugebieten umgeschaut. Je kleiner das Kaff, desto besser. Und wir haben uns brav unsere Absagen abgeholt. Mit fünf Kindern und einem dreibeinigen Dackel hätten wir vielleicht die Kriterien erfüllt. So aber waren unsere Chancen als kinderloses Ehepaar, bei den Bewerbungsrunden etwas zu bekommen, etwa so groß wie der Gewinn der Schachweltmeisterschaft durch Lukas Podolski.

Das Jahr des Grauens

Dann kam das Frühjahr 2022 und der Einmarsch von Wladimir Putin in die Ukraine beendete nicht nur Corona, sondern ließ nebenbei die Bauzinsen explodieren. Der Preis pro Quadratmeter Neubau war inzwischen auf etwa 3.000 Euro gestiegen. Die Bauzinsen schossen in Rekordtempo auf 4 % hoch.

Dr. Klein

Die 180 Quadratmeter Stadtvilla vom letzten Post hatte nun keine monatliche Zinslast von 625 Euro mehr, sondern eher etwas im Bereich von 1.800 Euro. Dazu gab es unzureichende Lohnanpassungen, und durch Corona und die zähen Sanktionen kamen noch Versorgungsengpässe hinzu.

Warum erzähle ich das? Nun, ich war in den Monaten des Jahres 2022 im Panikmodus. Sollte es das gewesen sein? Den super Plan in der Tasche, gespart wie ein Weltmeister, und trotzdem alles umsonst? Wo ist da die kosmische Gerechtigkeit? In unserer Verzweiflung haben wir das Thema Bauplatz und Neubau hintenangestellt und uns nach Bestandsimmobilien umgesehen. Der Bestcase waren Häuser aus den frühen 90ern für etwa 700.000 Euro. Nicht das, was wir wollten, aber vielleicht dann eben so? Glücklicherweise waren wir zu mäkelig, und die besichtigten Objekte waren nichts für uns. Aber immerhin: Zumindest jetzt konnte man wieder Schrottimmobilien über Makler und Portale kaufen – wenn auch nur die Reste vom Schützenfest. So verging das Jahr 2022.

Die Besten der Besten, Sir

„Aber Moment!“ fragt der aufmerksame Leser, „Was ist eigentlich aus den 120 Bauplätzen in Vollmaringen geworden?“ Davon sollten ja wohl schon mindestens 20 stehen, und die anderen 100 sollten zumindest in der Erschließung sein. Bis Mai 2023 sah es dort so aus:

Schwarzwälder Bote

Und Plötzlich: Geflüster. Erst leise, dann immer lauter. Man habe wohl einzelne Menschen auf dem Baugebiet gesehen. Könnte das vielleicht ein Vermesser gewesen sein oder ein Ornithologe auf der Suche nach bedrohten Vogelarten? Man weiß so wenig.

Und dann am 10. Mai, meinem Geburtstag!, lese ich:

Schwarzwälder Bote

Wahnsinn. Der Bürgermeister gräbt selbst mit. Die beiden Ornithologen und sogar zwei Zwerge für den Tiefbau. Wenn das mal nichts ist! „Spätestens 2022“ ist zwar leider „wegen Klima, äh, Corona“ gerissen, aber mit diesem Team wird das sicher bis zum Frühjahr 2023, wie man uns versicherte.

OK ich versuche mich mal an einer Metapher: Wenn ein 100-Meter-Läufer wettet, die 100 Meter in unter 10 Sekunden zu laufen, und die ersten 10 Meter gemütlich schlendernd in 5 Sekunden läuft, dann würde ich doch leise Zweifel an der Wette hegen, oder? Scheinbar nicht jeder in der Stadt Nagold.

Frühjahr 23. Kein Problem. Wir meinten natürlich Sommer 23. Wirklich! Haben wir Sommer gesagt? Es sollte Herbst 23 heißen. Herbst. Nein, der andere Herbst, der mit dem Schnee drauf. Ach genau, ich hab’s verwechselt. Ich meinte Winter 23. Ach Mist, schaffen wir doch nicht mehr ganz. Frühjahr 24. Aber wirklich! Ich schwöre! Spätsommer 24. Die Bauplätze sind fertig. PUNKTLANDUNG!

Fragt ihr euch, was eigentlich aus den 100 Bauplätzen in der Röte 3 und 4, die spätestens 24 fertig sein sollten, geworden ist? Nun, geneigter Leser, leider vermögen Worte nicht alles zu beschreiben. Memes hingegen schon:

Und was hat das jetzt mit meinem Bauplatz zu tun?
To be continued…

Ein Gedanke zu “100 Meter Schneckensprint – Grundstückskauf Teil 2”
  1. […] Einen Monat später dann Kontakt mit der Architektin Frau Forster. Im Jahr 2024 kann die Planung laufen. Vorher müssen aber Vermessung und Bodengutachten gemacht sein. Kleinigkeit! Das Baugebiet sollte ja schon im Herbst fertig werden. Ab hier kann sich jeder denken, wie das weitergegangen ist. Ansonsten: 100 Meter Schneckensprint – Grundstückskauf Teil 2. […]

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